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3 internationale Theaterprojekte bei unserer Netzwerkplattform NEW CONNECTIONS
Wie lassen sich Kontakte knüpfen zwischen professionelle Bühnenkünstler_innen, die in den vergangenen Jahren durch Flucht nach Deutschland gekommen sind, und Kolleg_innen, die schon länger hier arbeiten? Was können, was wollen sie gegenseitig voneinander lernen? Wie können sie sich besser und langfristig miteinander vernetzen und zusammenarbeiten? Welches Wissen und welche Unterstützung werden gebraucht?
Das sind Fragen, die viele Theaterschaffende, Künstler_innen und Kulturvermittler_innen aktuell beschäftigen. Sie gehören darum zu den Leitfragen, denen sich die Netzwerkplattform NEW CONNECTIONS der Bundesakademie am 30. November und 1. Dezember widmen wird.
Das Programm finden Sie hier: http://www.bundesakademie.de/files/programm_new_connections_14.11._1.pdf
Die Veranstaltung ist bereits ausgebucht. Für alle, die nicht dabei sein können, stellen wir in den kommenden Wochen das Programm, beteiligte Expert_innen, Teilnehmer_innen und abschließend die Ergebnisse der Plattform vor.
Heute erfahren Sie mehr über drei internationale Theaterprojekte, deren Ensemble aus herkunftsdeutschen, zugewanderten und geflüchteten Menschen bestehen. Sie sind in Göttingen, Hannover und München zuhause und werden ihre Arbeit bei NEW CONNECTIONS vorstellen und diskutieren: Das »boat people projekt«, das »YALLA_Ensemble« und das »Open Border Ensemble«.
1. Das boat people projekt, vorgestellt von Nina de la Chevallerie
Das Team: Sonja Elena Schroeder, Hans Kaul, Nina de la Chevallerie, Birte Müchler, Luise Rist, Franziska Aeschlimann, Reimar de la Chevallerie
Wie kam es zur Gründung bzw. zur Entwicklung des Projekts?
2009 produzierten meine Kollegin Luise Rist und ich ein Freies Theaterprojekt mit dem Titel LAMPEDUSA, was sich mit Geflüchteten in unserer Region beschäftigte. Das Thema ließ uns auch nach dieser Produktion nicht los und wir beschlossen uns von jetzt an ausführlich und ausschließlich mit dem Thema Flucht und Migration zu beschäftigen.
Woran arbeiten Sie aktuell?
Wir sind bei dem Freien Theater boat people projekt 7 Künstler_innen. Wir konzentrieren uns auf das Thema Flucht und Migration und arbeiten in immer wieder neu und international zusammengesetzten Teams an wechselnden Formaten. Gemeinsam mit geflüchteten und/oder emigrierten Künstler_innen suchen wir nach Formen der Zusammenarbeit und streiten über Themen und Entwicklungen im gesellschaftspolitischem Kontext.
»Die Probe - Galixeo in Deutschmania« (Copyright: Lea Dietrich)
Worin besteht Ihre Arbeit und was macht sie so besonders?
Gerade eben hatte DIE PROBE - GALIXEO IN DEUTSCHMANIA Uraufführung, ein Theaterstück über die Chancen und das Scheitern zusammenzuarbeiten − geschrieben von der deutschen Journalistin Sophie Diesselhorst und dem syrischen Autor Anis Hamdoun. Ich habe Regie geführt, das Ensemble bestand aus Schauspieler_innen aus Damaskus und Hannover, eine sehr spannende Arbeit.
Sie haben das Netzwerktreffen »new connections« mit vorbereitet − worauf freuen Sie sich besonders?
Ich freue mich darauf, die Kolleg_innen, die erst seit kurzem in Deutschland leben und arbeiten, wiederzusehen. Die meisten von ihnen kenne ich aus Projekten oder von meiner Recherchereise, die ich unternommen habe um die Situation von geflüchteten Bühnenkünstler_innen in Niedersachsen zu erforschen.
Zum Projekt: http://www.boatpeopleprojekt.de/home/
2. Das Open Border Ensemble, vorgestellt von Anne Schulz
Wie kam es zur Gründung bzw. zur Entwicklung des Projekts?
Das Open Border Ensemble ist der nächste Schritt in einer langjährigen Auseinandersetzung der Münchner Kammerspiele mit den Themen Flucht und Migration. Nach »Gleis 11« von Christine Umpfenbach, »Die Perser« von Johan Simons, dem Open Border Kongress 2016, der Gründung des Welcome Cafés und diversen anderen Projekten mit Jugendlichen und Laien werden nun 4 professionelle Schauspielerinnen und Schauspieler aus Syrien für 10 Monate ans Haus engagiert.
Worin besteht Ihre Arbeit und was macht sie so besonders?
Ich betreue die verschiedenen Projekte der Kammerspiele, die sich mit Flucht und Migration beschäftigen und bin im engen Austausch mit zahlreichen Institutionen und Verbänden in der Stadt. Das Welcome Café bietet vielen kleineren Initiativen die Möglichkeit, ihre Arbeit vorzustellen und Interessierte zu finden. Es macht meiner Meinung nach Sinn, die zentrale Lage und das Renommée des Theaters auch für soziale und politische Fragen zu nutzen.
Der Open Border Congress in München (2016) (Foto: Andrea Huber)
Woran arbeiten Sie aktuell?
Momentan recherchieren wir für das Projekt von Jessica Glause mit dem Open Border Ensemble: Eine mobile Bühne, entworfen von raumlaborberlin, wird im Frühjahr 2018 in die Peripherie Münchens aufbrechen und die Plätze vor Gemeinschaftsunterkünften und Stadtteilkulturzentren bespielen. Außerdem plane ich gerade eine Lesung mit der Zeitschrift »Neuland« sowie ein Theaterprojekt mit der Joblinge gAG München.
Welcome Café (Foto: Gabriela Neeb)
Sie werden bei »new connections« in Wolfenbüttel mit dabei sein − worauf freuen Sie sich besonders?
Ich finde es sehr wichtig, dass die engagierten Institutionen sich austauschen und von den Erfahrungen der anderen profitieren. Ein überregionales Netzwerk kann helfen, die Situation von Künstlerinnen und Künstlern im Exil bzw. in Krisengebieten zu verbessern.
Zum Open Border Congress: https://www.muenchner-kammerspiele.de/munich-welcome-theatre
3. Das YALLA_Ensemble, vorgestellt von Barbara Kantel
Wie kam es zur Gründung bzw. zur Entwicklung des Projekts?
Die Projektgründung war die Folge eines Zusammentreffens glücklicher Umstände. Erstens personell: Rania Mleihi, die als Dramaturgin und Projektleiterin des Open Border Ensembles an den Münchner Kammerspielen tätig war und ich, die als Dramaturgin, Regisseurin und Leiterin Junger Theatersparten und als Leiterin des Montagscafés am Staatsschauspiel Dresden seit Jahren im interkulturellen Theaterfeld Erfahrung hat, begannen gleichzeitig in der Spielzeit 2016/17 mit unserer Arbeit am Schauspiel Hannover. Das gemeinsame Interessensgebiet war sofort klar – die Notwendigkeit tätig zu werden sowieso. Zweitens finanziell: Die Ausschreibung des Sonderprogramms zur kulturellen Integration von Menschen mit Fluchterfahrung des MWK Niedersachsen schuf die finanziellen Voraussetzungen für das Projekt. Drittens strukturell: Die Existenz des Jungen Schauspiel Hannover, das seit mittlerweile zehn Jahren erfolgreich im partizipatorischen Theaterfeld arbeitet und daher eine gute Basis für das YALLA_Ensembles bereit hält.
Das YALLA-Team: Wessam Talhouq, Roula Thoubian, Saham Elgaban, Akchafi Abby
Worin besteht Ihre Arbeit und was macht sie so besonders?
Das YALLA_Ensemble ist keine geschlossene Gruppe, sondern ein offenes Angebot, in dem über jeweils zwei Monate mit künstlerischen Formaten und Inhalten experimentiert und die Ergebnisse anschließend aufgeführt werden. Das Junge Schauspiel Hannover lädt junge Menschen zwischen 15 und 30 Jahren (Neuzugewanderte, Menschen mit (Post)Migrationshintergrund, Herkunftsdeutsche) dazu ein, das Theater in »ein Laboratorium für soziale Utopien« zu verwandeln, in dem sie eigene Geschichten und die der jeweils anderen kennenlernen. Mittels verschiedener künstlerischer Formen (performative Reenactments, Comics, digitales Graffiti, Flashmobs, Theaterspiel, Film) werden die sozialen Grammatiken von Stereotypen spielerisch untersucht und im öffentlichen Raum und im Ballhof Zwei aufgeführt. Eine Gesamtdarstellung aller YALLA-Produktionen am Spielzeitende ist vorgesehen.
Woran arbeiten Sie aktuell?
Der erste Projektteil unter der Leitung des irakischen Theaterpädagogen und Regisseurs Saham Elgaban endet am 25. November 2017 mit einer Präsentation im Ballhof Zwei. Unter dem Titel »Wohin wir gehen« zeigen 21 Darsteller_innen eine szenische Collage mit folgendem Inhalt: Ein paar Leute treffen sich zufällig auf einem unbekannten Planeten, nachdem sie ihre Heimatplaneten verlassen haben. Anfangs hat die Gruppe große Schwierigkeiten miteinander zu kommunizieren, doch dann entschließt sie sich, gemeinsam eine neue Welt zu gründen. Aber geht das? Einfach so?
Am 27. November 2017 beginnt der Schauspieler und Regisseur Wessam Talhouq mit den bisherigen Teilnehmer_innen sowie neuen Interessierten die zweite Projektphase. Geplant ist ein musikalisches Outreach-Projekt. In einem Bus machen sich die Teilnehmer_innen mit einem musikalischen Programm auf den Weg in die Stadt und die Region.
Beim YALLA-Kick-Off
Sie werden Ihre Arbeit bei »new connections« vorstellen − worauf freuen Sie sich besonders?
Auf die Möglichkeit, sich für diese Arbeit weiter zu vernetzen und die Chance, auch über Schwierigkeiten und Hindernisse offen zu reden.
Zum YALLA-Ensemble: http://www.staatstheater-hannover.de/schauspiel/index.php?m=595&f=07_seiten&ID_Seite=285
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