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Musik und Digitalisierung

16.04.2018

Die Entwicklung digitaler Medien hat im Bereich der Musik fast unüberschaubar viele Entwicklungen angestoßen, die sich auf alle Ebenen auswirken. Neben Übertragungswegen von Musik, Kommunikationswegen über Musik, den Möglichkeiten des Musiklernens hat sich auch die Musik selbst und ihre Entstehung ganz grundlegend verändert.

Die Leipziger Elektronik-Band A Forest etwa hat den Produktionsprozess auf den Kopf gestellt: ihre Songs entstehen nicht einsam im Studio und sind irgendwann »fertig« auf Platte zu kaufen, bei Spotify herunterzuladen oder werden auf einer Tour vorgestellt. Die Musiker stellen ihre Songs bereits während des Arbeitsprozesses auf ww.iamaforest.com vor und beziehen ihre Fans in die Entwicklung mit ein. Das Manifest zum Konzept kann man hier nachlesen.

Verfügbar ist Musik nicht länger nur auf physischen Tonträgern oder via Spotify – viele große Orchester haben digitale Konzertsäle eröffnet, über die nicht einfach nur Videos von Konzerten verfügbar sind, sondern auch ergänzende Angebote wie Interviews, Konzerteinführungen und Dokumentationen, die bei einem Live-Konzert so nicht einzubinden wären. Vorreiter war hier die Digital Concert Hall der Berliner Philharmoniker, die bereits 2008 initiiert wurde. 

Sarah Willis, Hornistin bei den Berliner Philharmonikern veranstaltet regelmäßig Horn-Hangouts (sarah-willis.com/horn-hangouts) mit Kolleg_innen aus aller Welt, in die sich das Publikum interaktiv einschalten kann.

 

Digitalisierung im Bereich der musikalischen und kulturellen Bildung

Musik digital herzustellen, ist schon seit Jahrzehnten möglich, digitale Synthesizer sind bereits seit den 70er Jahren im Einsatz. Einfache Musikproduktionssoftware für Laien ist ebenfalls seit vielen Jahren verfügbar, zum Teil als kostenfreie Open-Source-Angebote (wie etwa https://www.audacityteam.org). Erlernt wird sie oft in autodidaktischen Prozessen mit Hilfe einer weltweiten Onlinecommunity, die via Foren, Chats und Tutorials Unterstützung, Hinweise und Hilfestellung bietet. 

Doch auch das Lernen von »klassischen« Instrumenten oder Musiktheorie kann von Lernvideos oder Learning Communities gestützt werden. Der Musikpädagoge Klaus Kauker stellt auf seinem Youtube-Kanal Tutorials zum Gitarre spielen, aber auch zur Musikanalyse zur Verfügung.

Gerade dieses informelle, von Zeit, Ort und oft auch von Geld unabhängige Lernen bedeutet auch eine grundsätzliche Demokratisierung, denn es ermöglicht Menschen, die sich unter anderen Umständen nie mit Musik befasst hätten, einen Zugang zur Kunst.

Mit Einplatinen-Computern wie Raspberry Pi, Arduino oder Calliope und einfachen, grafischen Programmierumgebungen wie Scratch können schon Kinder Klangstrukturen oder Musik entwickeln und sie in multimedialen Performances zum Einsatz bringen.

Kinder und Jugendliche erfassen die Möglichkeiten digitalen Musizierens oft intuitiver als ihre Lehrer_innen. So löst sich die klassische Rollenverteilung zu Gunsten einer Learning Community auf und Lehrer_innen werden eher zu Kuratoren oder Prozessbegleitern.


Fort- & Weiterbildung im Kontext der Digitalisierung

Auch im Bereich der musikalischen Fort- und Weiterbildung kommen digitale Lernstrategien zum Einsatz. Auf den ersten Blick mögen sich die Ideen von Akademie und E- oder Blended Learning widersprechen: Workshops, Qualifizierungen und Seminare werden ganz wesentlich dadurch bestimmt, dass die Teilnehmenden über einen bestimmten Zeitraum gemeinsam an der Akademie wohnen, essen, schlafen, lernen und arbeiten. Doch haben sich die Randbedingungen von Weiterbildung – jedenfalls im Bereich der Kulturellen Bildung – in den letzten Jahren stark verändert: die Lebensbedingungen von Künstler_innen und Kulturschaffenden sind zunehmend prekärer geworden, sowohl für Angestellte als auch für Freischaffende ist die Arbeitsbelastung gestiegen, während gleichzeitig mehr Flexibilität im beruflichen Alltag gefordert ist. Damit haben sich auch die Ansprüche der Teilnehmenden an Fort- und Weiterbildungen gewandelt: sie können sich zunehmend weniger für einen längeren Zeitraum verpflichten und möchten sich ganz gezielt und auf je eigene Bedürfnisse gerichtet weiterbilden.

Dies verlangt nach neuen didaktischen und organisationellen Methoden und einem starken Fokus auf Selbstbildung einerseits und Community Learning andererseits. So werden gerade die Selbstlernphasen von Qualifizierungsreihen zunehmend durch Blended-Learning-Tools gestützt. 

 

Musikmachen mit Apps

Für ein spezielles Feld des digitalen Musizierens – das Musikmachen mit Apps – hat die Bundesakademie zusammen mit der Forschungstelle Appmusik an der Universität der Künste Berlin – das vom BMBF geförderte Projekt TOUCH:MUSIC durchgeführt. Im Projekt wurden Perspektiven des Musizierens mit Tablets und Smartphones erforscht und eine Qualifizierungsreihe entwickelt, die Musiker_innen befähigt, ihre künstlerischen Erfahrungen mit Smartphones und Tablets in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen umzusetzen und musikalische Gestaltungen zu unterstützen.

Es ging also in der Weiterbildung weniger darum, Apps als eine Art Instrument aufzufassen und dieses zu lernen, sondern sich mit der Vielzahl der Angebote auseinanderzusetzen und sie sinnvoll für Bildungsprojekte einzusetzen. Dazu haben die Teilnehmenden sich zum Beispiel in Tutorials mit einzelnen Apps auseinandergesetzt,

Eine Teilnehmerin erklärt hier zum Beispiel die Apps Boinkss-yellow,

mit der sich ganz einfach Klangbilder und -strukturen entwickeln lassen, ein anderer Teilnehmer stellt die ganz ohne Vorkenntnisse einfach und intuitiv zu bedienende Drum-App Keezy Drummer vor.

    

Darüber hinaus haben alle Teilnehmenden ein eigenes Projekt entwickelt und durchgeführt. Diese entstanden teilweise direkt in den beruflichen Zusammenhängen der Teilnehmenden, wie Applause an einer  Schule mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung in Saarbrücken oder das Projekt #knitter.KLÄNGE, dass zwei Musiker_innen mit Vorschulkindern durchführten.

   


Nach Abschluss der Förderphase wurde die Weiterbildung für weitere Zielgruppen geöffnet und modular überarbeitet. Sie wird in einem jeweils zweiphasigen Basis- und Aufbaukurs durchgeführt. Im Basiskurs erwerben die Teilnehmer_innen Grundkompetenzen für die künstlerische Arbeit und die Initiierung von Gestaltungsprozessen mit unterschiedlichen Zielgruppen wie Kindern und Jugendlichen, Menschen mit Behinderungen und Senior_innen.

Im Aufbaukurs, nach dessen erfolgreichen Abschluss ein Zertifikat von Bundesakademie und der Universität der Künste verliehen wird, werden diese Themen vertieft. Möglichkeiten des künstlerisch-praktischen Umgangs mit Musikapps auf mobilen Geräten werden diskutiert und praktisch erprobt, insbesondere wird weiter am Bereich Musikvermittlung im Kontext neuer Lernkulturen gearbeitet. Darüber hinaus führen die Teilnehmenden ein eigenes Praxisprojekt durch.

Der nächste Basiskurs tAPP - Musik mit Apps in Bildungskontexten beginnt Anfang September. Infos dazu hier.

Weitere im Kurs entstandene Tutorials zu Musikapps finden Sie hier.

Weitere Projektdokumentationen und Anregungen zum Einsatz von Musikapps in der Kulturellen Bildung finden Sie hier.

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